Kaufentscheidungen im B2B Bereich
Liebe Community,
In unserem letzten Blogbeitrag haben wir uns mit dem Konsumentenverhalten in Kundenbeziehungen befasst und uns genau angesehen, welche Konsumphasen es gibt und auf welche Indikatoren die Konsumenten während ihres Kaufentscheidungsprozesses besonders achten.
Heute möchten wir die Thematik des Kaufverhaltens in einem anderen Bereich thematisieren, nämlich weg von Business-to-Customer hin zu Business-to-Business.
Wie im privaten Leben treffen auch Unternehmen und Organisationen Kaufentscheidungen. Welche Faktoren hier maßgeblich in eben diesem Kaufentscheidungsprozess Einklang finden erfahren Sie in diesem Blogbeitrag.
Charakteristik der Nachfrage
Die Nachfrage eines organisationalen Kunden ist derivativ und nicht originär. Das bedeutet, dass sich die Nachfrage eines Unternehmens nach bestimmten Gütern aus der Nachfrage der Kunden eben dieses organisationalen Kunden ableitet.
Dies klingt vielleicht ein wenig kompliziert, ist es jedoch gar nicht. Zur Vereinfachung geben wir Ihnen ein kleines Beispiel an die Hand, wodurch das zuvor niedergeschriebene deutlich wird.
Ein Unternehmen, welches beispielsweise Plastikperücken produziert, hat einen deutlich erhöhten Anstieg der Nachfrage durch Endkonsumenten, denn Karneval steht vor der Tür. Das bedeutet, dass der Bedarf nach Produktions- und Verpackungsmaterial signifikant ansteigt. Daraus resultiert im selben Zuge aber auch, dass nicht nur der Absatz des Unternehmens, welches die Plastikperücken produziert ansteigt, sondern auch der Absatz des Herstellers der Produktions- und Verpackungsmaterials.
Innerhalb einer Unternehmens oder einer Organisation ist es üblich, dass Kaufentscheidungen in der Regel von mehreren Akteuren getroffen werden. Das bedeutet, dass oftmals Mitarbeiter aus dem Management und der Produktion und dem Einkauf beteiligt sind. Dies bezeichnet man als Multipersonalität.
Multipersonalität
Im Vergleich zu privaten Konsumenten, welche Ihre Kaufentscheidungen in der Regel individuell treffen, sind in Unternehmen und Organisationen meist mehrere Menschen beteiligt.
Diesbezüglich ist der Begriff des „Buying Centers“ anzuführen.
Unter diesem Begriff versteht man den gedanklichen Zusammenschluss von Personen, die an einem organisationalen Kaufentscheidungsprozess beteiligt sind.
Ein Buying Center findet sich meist nicht als eigenständige Abteilung in dem Unternehmen wieder. Vielmehr wird es aus den Mitarbeitern mit verschiedenen Rollen und einer abweichenden Entscheidungsmacht zusammengesetzt.
Der initiator
Diese Rolle stellt den Bedarf nach einem Produkt oder einer Dienstleistung fest und regt den Kaufentscheidungsprozess an.
Der gatekeeper
Diese Rolle selektiert vorab verfügbare Informationen und wägt Alternativen ab. Sie entscheidet, ob der Kaufentscheidungsprozess schon zu Beginn ein Ende findet oder die Informationen organisationsintern weitergetragen werden.
Der user und der influencer
Diese beiden Rollen verfügen über das meiste Wissen und die meisten Informationen über das zu beschaffende Produkt oder die zu beschaffende Dienstleistung, indem sie dieses nutzen und anwenden oder gar als Fachmann ( Influencer/Beeinflusser ) agieren.
Der User verfügt über Nutzungswissen und Erfahrungswerte und gibt dahingehend seine Präferenzen an.
Der Influencer oder auch Beeinflusser genannt, stellt Anforderungskriterien.
Der decider
Diese Rolle trifft aufgrund der Unternehmens- oder Organisationsposition letztlich die Kaufentscheidung.
Der buyer
Diese Rolle ist in aller letzter Instanz dafür zuständig, dass Produkt einzukaufen. Er verfügt über eine meist einmalige Befugnis eben diese Transaktion zu tätigen, insofern dies durch den decider veranlasst und nicht selbst durchgeführt wurde.
Weiterführend können noch weitere Rollen angeführt werden, welche nicht explizit im Buying Center wiederzufinden sind.
Dies sind zum einen Promotoren, welche den Kauf fördern und Opponenten, welche den Kauf behindern. Dahingehend ist auch wieder die hierarchische Macht dieser Rollen innerhalb einer Organisation zu beachten. Je nach Hierarche findet eine Rolle mehr oder weniger Einklang und Einfluss im Kaufentscheidungsprozess.
Darüber hinaus gibt es auch noch Fachpromotoren und Prozesspromotoren. Erstere sind aufgrund ihrer Fachexpertise einflussreich, zweitere stellen Kommunikationswege zwischen Macht- und Fachpromotoren her.
Wichtig zu betonen ist, dass die Rollen im Buying Center von einer oder von mehreren Personen getragen werden können. Auch werden manche Rollen langfristig oder nur kurzfristig vergeben. Wenn also ein Produkt nur stetig Monat für Monat nachbestellt wird, handelt es sich hierbei höchstwahrscheinlich um eine langfristige Einzelrolle. Wird jedoch über die Anschaffung einer teuren Produktionsmaschine in Millionen Höhe entschieden, so werden sich langfristige als auch kurzfristige Rollen in eben diesem Kaufentscheidungsprozess wiederfinden.
Der Kaufentscheidungsprozess
Nun sind Sie im klaren über die verschiedenen Akteure, welche in dem Kaufentscheidungsprozess ihren Platz finden. Zum Prozess selbst lässt sich feststellen, dass dieser anders als bei einem privaten Konsumenten, deutlich rationaler, formeller und systematischer anstatt emotionaler von statten geht.
Innerhalb meines Marketing Management Studiums lernte ich, diesen Kaufentscheidungsprozess wie bei bei privaten Konsumenten in eindeutige Phasen einzuteilen, wodurch eine Veranschaulichung sowie eine Analyse maßgeblich vereinfacht wird.
Folgend werde ich die Phasen nennen und kurz erläutern:
Phase 1: Bedarfserkennung
Ausgangspunkt des organisationalen Kaufprozesses. Feststellung, dass grundsätzlich ein Bedarf vorhanden ist.
Phase 2: Festlegung von Produkteigenschaften
Hierbei muss man sich die Fragen stellen, welche konkreten Eigenschaften ein mögliches zu beschaffenes Produkt vorbringen muss. ( Bedarfsspezifisches Fachwissen spielt hier eine besondere Rolle )
Phase 3: Anbietersuche- und beurteilung
In dieser Phase werden geeignete Anbieter identifiziert und die Referenzen eben dieser analysiert.
Phase 4: Angebotseinholung- und Bewertung
Sind geeignete Anbieter gefunden, wird in dieser Phase mit der Einhegung von Angeboten begonnen, welche anschließend durch die verantwortlichen Empfänger bewertet werden.
Phase 5: Anbietervorauswahl
Die Verhandlungen werden mit einer kleinen Zahl von Anbietern aufgenommen, welche sämtliche Mindestvoraussetzungen erfüllen.
Phase 6: Verhandlungsphase
Sämtliche konkreteren Inhalte werden nun mit denjenigen Lieferanten verhandelt, die es in die engere Auswahl geschafft haben.
Phase 7: Anbieterendauswahl- und Vertragsabschluss
Der Anbieter, der die Phase 6 als am besten geeignet abgeschlossen hat, geht nun einen Vertrag mit dem Nachfrager nach den zuvor getroffenen Vereinbarungen ein.
Phase 8: Leistungserbringung- und bewertung
Ist das Produkt geliefert, so beginnt die Bewertung durch den Empfänger. Sind die Erwartungen des Kunden nicht erfüllt, so folgen Nachverhandlungen.
Kriterien organisationaler Kaufentscheidungen
Es ist wichtig, nicht lediglich in Kenntnis darüber zu sein, wie ein Kaufentscheidungsprozess von statten geht sondern auch anhand welcher Kriterien ein Anbieter ausgewählt wird. Dahingehend werden eben diese in diesem letzten Kapitel des Blogbeitrages ausgelegt.
Qualität
Die Qualität eines Produktes zählt zu den wichtigsten Kriterien innerhalb eines Kaufentscheidungsprozesses. Doch wenn wir uns nun allein den Begriff „Qualität“ ansehen, so merken wir, dass Qualität ziemlich vielschichtig sein kann. Der Begriff lässt einen geraumen Spielraum offen, denn es benötigt definierte Analysebereiche, welche auf die Qualität untersucht werden müssen.
Diese sind zum einen die Funktionalität und Leistung, die Zuverlässigkeit, die Haltbarkeit, die Service bzw. Wartungsfreundlichkeit und das Design. In der Realität zeigt sich jedoch recht häufig, dass eine Analyse eben dieser Kriterien vor Kauf schlecht- bis unmöglich ist, da das Produkt, beispielsweise eine Maschine, noch gar nicht im Besitz des Nachfragers ist.
Diesbezüglich ist die Reputation eines Anbieters von enormer Wichtigkeit. Auch finden sich Garantieleistungen- und versprechen hier wieder, um die Bedenken der Nachfrager zu minimieren. Generell ist zusagen, dass das Markenimage maßgeblich ins Gewicht bei der Kaufentscheidung fällt.
Kosten
Neben der Qualität muss natürlich auch der Preis stimmen. Hierbei gibt es zwei verschiedene Handlungsmöglichkeiten des Nachfragers.
Entweder nutzt er einen extrem simplen Entscheidungsmechanismus, nämlich den des niedrigsten Einkaufspreises und geht eine Geschäftsbeziehung mit demjenigen Anbieter ein, der das preiswerteste Angebot vorlegt.
Anderseits gibt es noch den aufwendigeren Entscheidungsmechanismus der Gesamtkosten. Hierbei wird nicht lediglich der Einkaufspreis, sondern auch sämtliche weitere Kosten wie beispielsweise die Anschaffungskosten berücksichtigt.
Relationalität
Allein mit Büchern und Zahlen haben wohl die wenigsten so wirklich Karriere gemacht. Eine gesunde Geschäftsbeziehung zeugt von menschlichem Vertrauen, einem guten und stetigen Informationsaustausch, Kooperation und Investition.
Es ist anzumerken, dass eine fabelhafte Geschäftsbeziehung auch die gesamte Rentabilität für beide Seiten steigern kann. Sie führt zu einer höheren Qualität und im Regelfall auch zu niedrigerem Arbeitsaufwand und Kosten, beispielsweise durch Lerneffekte auf beiden Seiten oder durch Senkungen der Abwicklungskosten.